Vor 100 Jahren

Brettener Tagblatt        Wössingen, 31. Januar 1921  Abschrift


Einen ausserordentlichen Fest und Freudentag durfte unsere Gemeinde gestern begehen mit der Weihe unserer neuen Glocken über deren feierlichen Begrüßung kürzlich berichtet wurde.
Nicht ohne Aufregung verlief die Vorbereitung zum Festtag. Der Monteur des Geschäfts das die Glocken lieferte, blieb mit seinem Montagegerät aus und lies uns vergeblich warten. Kurz entschlossen erklärten die hiesigen Handwerker: machen wir selbst ohne Monteur. Und Dank ihrer Geschicklichkeit und Umsicht waren die Glocken mit Hilfe der aus einem größeren Geschäft in Grötzingen herbeigeholten Maschinen ohne jeden Zwischenfall in kurzer Zeit auf den Turm gezogen, aufmontiert und läutefertig und wir konnten gestern die Glocken weihen.

Um halb zehn bliesen von der Turmaltane die Posaunen ihre feierlichen Klänge und gaben den Gemeindemitgliedern das Zeichen zum Kirchgang.
Mächtig erschollen unter Posaunenbegleitung die Lob und Danklieder.
Die Festpredigt des Ortsgeistlichen hatte die Inschriften der 3 Glocken zur Grundlage.
“ Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in großen Nöten, die uns getroffen haben “ (Psalm 46,2: Lutherglocke) 
“ Ist Gott für uns wer mag wieder uns sein “ ( Röm. 8,32: Melanchtonglocke ) 
“ Jesus Christus gestern und heute und auch derselbe auch in Ewigkeit!
( Hebr. 13,8 Christusglocke )
An die Predigt schloss sich das Weihegebet und die Weihe der Glocken an. Unvergesslich wird wohl der Eindruck sein, als auf den Weihespruch des Geistlichen: Und nun klinget ihr Glocken zur Gottespreis, lobsinge, Gemeinde mit fröhlichem Schall! Die Glocken zum ersten Mal ihren wunderbaren harmonischen Klang erschallen ließen und die Gemeinde dazu das “ Rühmet ihr Menschen den hohen Namen…“ sang.
Am Nachmittag füllte sich die Kirche nochmals bis auf das letzte Plätzchen zur musikalischen Nachfeier der Glockenweihe zu  der ein überaus reichhaltiges Programm aufgestellt war.
Es war ein schönes wetteiferndes Zusammenwirken des Gesangvereins “Sängerbund“, des Arbeitergesangvereins „“ Freiheit “ des gemischten  Chors der Gemeinschaft “AB“,
des Posaunenchors und Schülerchor.
Wochenlang bemühten sich Bläser, Sänger und Dirigenten, zum Festtag  ihr bestes zu bieten und haben auch wirklich gutes geleistet.
Zwischen den Musik und Gesangskünsten trugen Schulkinder auf die Bedeutung  des Festes bezügliche Gedichte vor, unter denen natürlich Schillers unvergleichliches schönes und sinniges „“ Lied von der Glocke „“ nicht fehlen durfte.

Einen Glanzpunkt des Programms bildeten die zwei Bariton Solo des Herrn Zipperer aus Worms ( ein Neffe des Obergeistlichen ) mit künstlerisch ausgebildeten Stimme vortrug.
Schon im Festgottesdienst hatte der Sänger mit dem Schubert`schen
“ Friede sei mit euch “ die Zuhörer erbaut. So verlief unser Fest, über dem den ganzen Tag über prächtiger Sonnenschein lag, in würdiger schöner Weise und wird gewiss der Gemeinde  und den vielen auswärtigen Festgästen noch lange in angenehmer Erinnerung bleiben.
Allen aber die zum schönen Gelingen desselben beigetragen haben, insbesondere den 3 Dirigenten Hernn Hauptlehrer Kaucher, Herrn Schneis  und Herrn W. Deuscher sei für ihre Mühe und ihre vortreffliche Leistungen, die sie mit ihren Sängern und Bläsern boten.
Danken wollen wir auch unseren wackeren Handwerkern, deren entschlossene Zugreifen uns diese Feier schon für diesen Sonntag ermöglichten.