Gottesdienst zum 100. Geburtstag unserer drei Glocken

 

 

Der Gottesdienst ist ab sofort auf unserem Youtube-Kanal EKI WOESSINGEN zu sehen

Gottesdienstablauf – Der 100. Geburtstag

Begrüßung und Votum

„Und nun klinget ihr Glocken zur Gottespreis, lobsinge, Gemeinde mit fröhlichem Schall!“ Nach diesem Glockenweihspruch ließen die Glocken zum ersten Mal ihren wunderbaren harmonischen Klang erschallen.“ So stand es vor 100 Jahren in der Presse. Heute am 100. Geburtstag rufen sie uns immer noch zum Gotteslob zusammen. Am 30. Januar 1921 war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt, am 30. Januar 2021 dürfen uns die Glocken daran erinnern, dass wir miteinander Gottesdienst feiern können, obwohl wir die Kirche heute nicht mit unserer Anwesenheit füllen dürfen. Wenn wir sie hören, dann lassen sie uns aneinander denken und durch Gott miteinander verbunden Gottesdienst feiern, wenn wir in seinem Namen zusammenkommen – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN

Gedanken „Warum und wann läuten unsere Glocken?“

„Du hast uns Herr gerufen und darum sind wir hier. Wir sind jetzt Deine Gäste und danken Dir.“ Als Gottes Gäste haben wir uns zum Gottesdienst rufen lassen. Laut und deutlich läuten sie hoch über Wössingen und verkünden die Frohe Botschaft, mahnen zum Frieden oder strukturieren in alter Tradition den Tageslauf. Viele Wössinger können sogar den Klang der drei Glocken unterscheiden und zuordnen, ob die große, die mittlere oder die kleine Glocke gerade angeschlagen wird, wenn sie nicht gerade volltönig im Dreiklang zu hören sind und zum Gebet ermuntern oder zum Gottesdienst aufrufen. Sie können aber noch mehr. Sie bitten mit, wenn wir in der Kirche um Gottes Segen bitten, z.B. für unsere Konfis oder für Hochzeitspaare. Als Totenglocke gedenken sie unserer Verstorbenen und begleiten den stillen Weg zum Grab. Am Morgen rufen sie uns, um den neuen Tag zu begrüßen – mit all seinen Chancen und Möglichkeiten. Sie verkünden die Uhrzeit und erzählen damit „alles hat seine Zeit“ und diese Zeit steht in Gottes Hand – auch unsere Zeit. Sie läuten den Sonntag ein, verabschieden das alte und begrüßen das neue Jahr und jeden Abend laden sie ein, die Hände zum Vaterunser zu falten. Doch in der tiefsten Stunde des Kirchenjahrs da schweigen sie von Karfreitag bis am Ostermorgen die Frohe Botschaft des Lebens ausgerufen wird.

Lied: EG 168,1 Du hast uns Herr gerufen

Gedanken zu Psalm 46 (Psalm 46,2 Inschrift Glocke)

Pfarrer Zipperer sprach in seiner Predigt damals davon, dass „die Worte der Heiligen Schrift durch den heiligen Dreiklang unserer Glocken in unsere Herzen hineinklingen sollen.“

Seit 100 Jahre läuten sie nun schon oben im Kirchturm über Wössingen und rufen zu Glauben und Vertrauen, zu Gebet und zum Hören auf Gottes Wort auf. Was haben sie nicht alles erlebt? Welch Jahre aus- und eingeläutet – Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Dürrejahre und Zeiten reicher Ernte. Freud und Leid der Menschen haben sie begleitet und immer war der Zuspruch aus Psalm 46,2 mit dabei, der als Inschrift auf dieser Glocke mit zu hören sein sollte. „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.“ So erzählt die Lutherglocke vom felsenfesten Glauben, der auch den Reformator selbst in so manchem Hoch und Tief des Lebens trug. In diesem Vertrauen schrieb er auch das Lied „ein feste Burg ist unser Gott“. So riefen die Glocken damals in der Zeit kurz nach dem ersten Weltkrieg, so riefen sie seither in allen Herausforderungen des Lebens – persönlich, wie kirchengemeindlich und gesellschaftlich, so rufen sie auch heute noch. Sie rufen dazu auf, die Hände zu falten und sich von Gottes Wort stärken und erquicken zu lassen, sich mit neuem Mut, mit Hoffnung und Zuversicht beschenken zu lassen. Im ersten Lockdown dieser Krise haben die Glocken jeden Abend in ökumenischem Einklang zum Gebet aufgerufen und uns dabei zugesprochen, dass wir nicht den Mut verlieren sollen, denn die biblischen Worte haben nach wie vor Bedeutung für unser Leben: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.“

Lied: EG 362,1-2 Ein feste Burg

Eingangsgebet

Durch den Klang der Glocken werden wir zusammengerufen zu Gottesdienst und Gebet.

Gott, im Gebet kommen wir vor Dich. Du lädst uns ein, auf Dich zu vertrauen, mit Dir durch alle Höhen und Tiefen des Lebens zu gehen.

Gott, wir feiern Gottesdienst, um auf Dein Wort zu hören und Dich zu loben, zu Dir zu beten und Gemeinschaft zu erleben auch Grenzen hinweg.

Sei Du jetzt mitten unter uns. Amen.

Lesung und Gedanken zu Römer 8,31 (Inschrift Glocke)

„Und wie sollten wir nicht Glauben und Vertrauen fassen zu unserem Gott, wenn unserer Glocken Klang zum anderen uns zuruft: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“ Römer 8,31“ fragte Pfarrer Zipperer als er über die Inschrift unserer Melanchthonglocke sprach und antwortete: „Darin vernehmen wir das Zeugnis stille machender Hoffnung.“ Liebe Gemeinde, welch wunderschöne Formulierung: Laut und deutlich soll der Klang der Glocke „stille machende Hoffnung“ verkünden. Gerade dann, wenn wir unruhige, aufwühlende Zeiten erleben, rufen uns die Glocken auf, ruhig zu werden und vor Gott zu kommen. Dann wenn wir uns im Alltag aufreiben, wenn der ganz normale Wahnsinn uns in Schach hält, laden uns die Glocken zur Auszeit ein: Nimm Dir Zeit, aufzutanken, auf Gottes Wort zu hören. Denk drüber nach, was Gott Dir schenkt, wofür Du dankbar bist. Leg den Stress für einen Moment ab und schöpfe Kraft im Gebet, im Gespräch mit Gott.

Dann, wenn Dir alles über den Kopf wächst, sagen sie: denk dran, dass Gott seine Hand segnend über Dich hält und notfalls auf Deinem Weg trägt, wenn Dir die Kraft fehlt.

Dann wenn ein Schicksalsschlag mitten ins Leben trifft, dann rufen sie uns zu: Von Gott kann Dich nichts trennen. Wie schwer es auch ist, ER wird an Deiner Seite stehen, Dich begleiten und niemals fallen lassen.

Dann wenn wir nicht weiter sehen als unser menschlicher Verstand es zulässt, erinnern uns die Glocken daran auf Gottes Allmacht und Größe zu vertrauen.

Dann wenn wir aus dem Gleichgewicht geraten sind, geht uns das Schwingen der Glocken mit gutem Beispiel voran: Manches im Leben muss sich eben einpendeln.

In allem aber ist Gott bei Dir. Nichts steht zwischen uns und Gott – denn Jesus Christus hat am Kreuz von Golgatha alles auf die Seite geräumt. Nichts kann uns von Gottes Liebe trennen – nicht Sorge, nicht Leid, kein Übermut und nicht das denken, dass ich kleiner Mensch alles allein vermag, kein Streit, keine Schuld, nicht einmal der Tod – denn das Leben hat am Ostermorgen gesiegt. „Daran denke, wenn künftig Glockenschall vom Turme her dich berührt. Was immer Dich bewegt und dich beunruhigt, so will ihr Ton den Frieden Gottes Dir hineinläuten ins ruhelose Herz, will Dich stärken in der stillemachenden Hoffnung: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“

Lied: NL 6 Bis ans Ende der Welt oder EG 351 Ist Gott für mich, so trete

Lesung und Gedanken zu Hebräer 13,8 (Inschrift Glocke)

Zwischen den beiden nach den Reformatoren benannten Glocken hängt die Christusglocke – unsere große Glocke, die nach langem Schweigen seit einigen Monaten nun endlich wieder den Dreiklang vervollständigt. Groß ist auch die Botschaft, die sie verkündet: Hebräer 13,8 Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

Wenn wir auf die letzten 100 Jahre und noch mehr zurückblicken, wenn wir auf unsere ganz persönliche Lebensgeschichte sehen, dann dürfen wir sicher sein, Jesus Christus stand an der Seite der Seinen. Wenn wir nach vorne sehen und uns fragen, was die Zukunft wohl bringen wird, dürfen wir darauf vertrauen, dass Jesus Christus uns auch morgen noch leiten und begleiten wird. Auch am heutigen Festtag – dem 100. Geburtstag unserer Glocken ist er mitten unter uns, wenn wir gemeinsam Gott loben und ihm im Glauben unser Leben anvertrauen. So predigte Pfarrer Zipperer vor 100 Jahren Worte, die bereits vor seiner Zeit und nach unserer Zeit noch Geltung hatten und haben werden: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit – als Zeugnis seiner alles umfassenden Liebe. Ja, das soll und will der Kirchenglocken heilige Sprache uns immer wieder in die Seele hineinrufen; ob die Glocken uns am frühen Morgen oder späten Abend zum Gebete rufen; ob sie mit der Freude Feierklang das geliebte Kind auf seines Lebens ersten Gang, den es in Schlafes Arm beginnt; oder ob die Glocke schwer und bang ertönen lässt den Grabgesang und mit ihren Trauerschlägen begleitet den Wanderer auf dem letzten Wege; ob sie ernst feierlich erklingt über dem Glaubensbekenntnis und Treugelöbnis der Konfirmanden, oder dem Liebes- und Treuverspruch eines Hochzeitspaares, ob sie ihre Stimme erhebt an Sonn- und Feiertagen und die Gläubigen herbeiruft zu unseren schönen Gottesdiensten, IMMER sollen sie Stimmen sein von oben, die unsere Herzen und Gewissen nach oben ziehen, die unseres Lebens Gang in stete Beziehung setzen zu Christus Jesus und es mit ihm in unlöslicher Gemeinschaft erhalten.“

Liebe Gemeinde, welch wunderbare Botschaft wird uns da kundgetan. Die Botschaft, dass Gott an unserer Seite steht und nicht von uns weicht. Nichts und niemand vermag es, uns von seiner Liebe zu trennen, kein Streit, keine Schuld, keine Krankheit, keine Schwäche. Gott ist für uns. ER ist da – beständig und treu steht er an meiner Seite. Wenn ich mich freue und Grund habe, dankbar zu sein, ist ER da. Wenn mir selbst die Kraft fehlt und Sorgen mir zu schaffen machen, dann ist der starke Gott meine Hilfe und meine Zuversicht. Wenn ich zurückblicke, dann darf ich erkennen, dass ER mich begleitet hat in allem Guten wie allem Schweren. Wenn ich nach vorne sehe, kann ich mich darauf verlassen, dass ER mich auch in Zukunft mit seinem Segen und seinem Wort begleiten wird.

Hören wir auf sein Wort, auf seine Einladung mit ihm durchs Leben zu gehen, ihm zu vertrauen und lassen uns immer daran erinnern, wenn wir das wohlvertraute Läuten der Glocken hören, die seit nunmehr 100 Jahren hoch über Wössingen zur Ehre Gottes klingen und einladen, auf die Frohe Botschaft zu hören.

Vor 100 Jahren endete die Predigt mit folgenden Worten – das soll sie auch heute tun:

„Von dem HERRN wollen wir aus tiefem Herzen es erflehen, dass für alle Zeiten geschehe ihr Läuten zu Mahnung und Trost, zu Fried und Freuden“ AMEN.

Lied: EGWürttemberg 683 Jesus Christus gestern und heute

Fürbitten dabei Lied: NL 180 Meine Hoffnung und meine Freude passend zu Ps 46,2

Gott gib, dass diese Glocken auch weiterhin dir zur Ehre läuten und dazu einladen, mit Dir durchs Leben zu gehen und die Frohe Botschaft laut und deutlich in der Welt in Wort und Tat zu verkünden.

NL 180 Meine Hoffnung und meine Freude

Wenn sie die Zeit anschlagen, so erinnere Du uns daran, dass unsere Zeit in Deinen Händen steht bis in die Ewigkeit.

Wenn sie Verstorbenen beweinen, dann tröste alle Trauernde mit der Botschaft vom Leben.

Wenn sie zum Friedensgebet erschallen, dann lass sie uns zu einem friedlichen und respektvollen Umgang miteinander ermahnen.

NL 180 Meine Hoffnung und meine Freude

Hilf, dass diese Glocken, Deine Gemeinde zusammenruft zu Gottesdienst und zum Gebet. Lass sie Dir zur Ehre läuten und segne alle, die sie hören.

NL 180 Meine Hoffnung und meine Freude

Vaterunser

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Ansage

Für den heutigen Gottesdienst danke ich herzlich für die Unterstützung durch die Stimmen am Gesang, durch das Ziehen der Register, sowie für Aufnahme und Schnitt. Danke auch für alles Recherchieren und Quellenfinden und Zusammenstellen, die die Geschichte der Glocke so wunderbar dokumentieren.

An dieser Stelle will es auch nicht versäumen noch einmal allen Geberinnen und Gebern zu danken, die geholfen haben, dass unsere Glocken wieder im Dreiklang erklingen können. Alles Geld hätte aber nicht gereicht, wenn wir unser Glockenbauausschussteam nicht hätten, das unermüdlich organisiert, mitgedacht und viel Zeit investiert hat, damit unsere große Glocke wieder läuten kann. Euch ein ganz besonderes Dankeschön.

Lied: NL 202 Verleih uns Frieden

Segen

Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. AMEN